Embodiment
Die Verbindung zwischen Körper und Geist ist ein faszinierendes Thema, das seit langem die Wissenschaft beschäftigt. Das Konzept des Embodiments besagt, dass der Körper nicht nur unsere Gefühle widerspiegelt, sondern sie auch formen kann. In diesem Beitrag erkunden wir, wie einfache körperliche Praktiken unser emotionales und psychologisches Wohlbefinden beeinflussen und verbessern können.
Der Körper als Spiegel unserer Gefühle
Der Körper als Spiegelbild unserer Gefühle ist ein Konzept, das in der Psychologie weit verbreitet ist. Embodiment geht einen Schritt weiter und legt nahe, dass unsere Körperhaltung und -bewegung sowohl die Ursache als auch die Folge unserer emotionalen Erfahrungen sein können. Die Art und Weise, wie wir uns bewegen und halten, kann also sowohl unsere Stimmung als auch unser Selbstbewusstsein beeinflussen.
Stell dir vor, du stehst aufrecht, die Brust nach vorne gestreckt, die Schultern zurückgezogen – allein diese Haltung kann ein Gefühl der Stärke und Zuversicht vermitteln. In der Hektik des Alltags, in dem wir oft zusammengesunken vor Bildschirmen sitzen, kann das Bewusstsein für unsere Körperhaltung eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie wir uns fühlen und verhalten.
Power Posing: Fake it ‘til you make it
Ein bekanntes Konzept aus dem Bereich des Embodiments ist das sogenannte «Power Posing». Bekannt gemacht durch den TED-Talk der Sozialpsychologin Amy Cuddy im Jahr 2012, ging das Phänomen um die Welt. Cuddy behauptete in ihrem Vortrag, dass das Einnehmen einer selbstbewussten Körperhaltung unser Selbstbewusstsein steigern und sogar den Hormonhaushalt beeinflussen könne.
Die hormonellen Auswirkungen dieser Körperhaltungen konnten in späteren Studien nicht bestätigt werden. Die Idee, dass unsere Körperhaltung unser Wohlbefinden beeinflussen kann, bleibt dennoch überzeugend. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018 zeigte, dass kraftvolle Körperhaltungen das subjektive Wohlbefinden und das Selbstbewusstsein tatsächlich erhöhen können. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass Power Posing eine einfache und effektive Methode sein kann, um sich in herausfordernden Situationen selbstsicherer zu fühlen.
Bitte lächeln! Der Einfluss von Mimik auf unsere Emotionen
Ein faszinierender Aspekt der Embodiment-Theorie ist auch die sogenannte Facial Feedback Hypothese. Diese Theorie besagt, dass Gesichtsausdrücke nicht nur das Ergebnis unserer Emotionen sind, sondern auch unsere Emotionen beeinflussen können.
«Sometimes your joy is the source of your smile, but sometimes your smile can be the source of your joy. »
- Thích Nhât Hanh, vietnamesischer Mönch und Schriftsteller -
Der Psychologe Fritz Strack führte ein bekanntes Experiment durch, bei dem Probandinnen und Probanden einen Stift entweder mit den Lippen oder zwischen den Zähnen halten sollten. Das Halten mit den Zähnen erzeugte eine Lächelhaltung, während das Halten mit den Lippen eher einem neutralen Gesichtsausdruck entsprach. Die Teilnehmenden, die unbewusst lächelten, fanden die nachfolgenden humorvollen Cartoons lustiger als diejenigen, die nicht lächelten.
Obwohl Stracks Studie in den folgenden Jahrzehnten kontrovers diskutiert wurde, zeigte eine umfassende Metaanalyse von 2019, dass Lächeln tatsächlich eine kleine, aber signifikante Auswirkung auf unser emotionales Wohlbefinden haben kann.
Wissenschaftliche Einblicke und Mechanismen
Die Wissenschaft hinter Embodiment, Facial Feedback und Power Posing ist komplex und noch nicht vollständig erforscht. Forscher glauben, dass der sogenannte «postural feedback effect» (dt. «Körperhaltungs-Effekt») eine Schlüsselrolle spielt. Diese Theorie besagt, dass unsere Körperhaltung und -bewegung wie beispielsweise Mimik Signale an das Gehirn senden, die unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen beeinflussen.
Einige Forschende vermuten, dass diese Effekte auf chemische Reaktionen im Körper zurückzuführen sind, die durch bestimmte Haltungen ausgelöst werden. Obwohl die genauen Mechanismen noch unklar sind, gibt es Hinweise darauf, dass sowohl psychologische als auch physiologische Prozesse beteiligt sind.
Zum Beispiel könnte das bewusste Lächeln oder das Einnehmen einer bestimmten Körperhaltung die Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin fördern, die positive Emotionen unterstützen und Stress abbauen. Diese chemischen Veränderungen könnten erklären, warum Menschen, die diese Techniken anwenden, von einer Verbesserung ihres emotionalen Wohlbefindens berichten.
Praktische Anwendungen im Alltag
Hier sind einige Tipps, wie du die Konzepte des Embodiments nutzen kannst, um deine Stimmung zu heben und dein Selbstbewusstsein zu stärken:
- Tanz und Bewegung: Sich zu bewegen oder zu tanzen, kann helfen, Stress abzubauen und positive Emotionen zu fördern. Wenn du dich gestresst fühlst, versuche, deinen ganzen Körper zu schütteln oder zu tanzen, um Anspannungen zu lösen und deinem Gehirn zu signalisieren, dass es dir gut geht.
- Power Pose: Wenn du dich unsicher oder nervös fühlst, probiere eine Power Pose. Steh aufrecht, die Beine hüftbreit auseinander, die Hände in die Hüften gestemmt, und atme tief ein. Diese Haltung kann dir helfen, Selbstvertrauen zu gewinnen und dich stärker zu fühlen.
- Lächeln und Lachen: Wie die Studie von Fritz Strack gezeigt hat, kann schon das einfache Lächeln deine Stimmung heben. Ziehe die Mundwinkel nach oben und halte dieses Lächeln für einige Momente. Du kannst auch versuchen, laut zu lachen, um deinem Gehirn bewusst zu machen, dass es dir gut geht.
- Box dich frei: Stelle dir vor, du schlägst auf einen imaginären Sandsack ein, um Energie und Stärke zu gewinnen. Diese Übung kann dir helfen, dich energetischer und kraftvoller zu fühlen.
- Körper strecken: Strecke deinen Körper von Kopf bis Fuß, um Spannungen zu lösen und deinem Gehirn Entspannung zu signalisieren. Diese Übung kann besonders nützlich sein, wenn du dich gestresst oder angespannt fühlst.
Fazit
Die Erforschung von Embodiment und der Einfluss von Körperhaltung und Mimik auf unsere Psyche zeigt, dass unser Körper ein mächtiges Werkzeug sein kann, um unser Wohlbefinden zu verbessern. Obwohl wir die genauen Mechanismen noch nicht vollständig verstehen, deuten die bisherigen Erkenntnisse darauf hin, dass wir durch bewusste Veränderungen unserer Haltung und Mimik positive Effekte erzielen können.
Ob durch das einfache Lächeln, das Einnehmen einer Power Pose oder das bewusste Tanzen und Bewegen – diese Techniken bieten einfache und zugängliche Möglichkeiten, um unsere Stimmung zu heben und unser Selbstbewusstsein zu stärken. In einer Welt, die oft von Stress und Unsicherheit geprägt ist, können diese Körpertechniken ein wertvolles Werkzeug sein, um unser emotionales Gleichgewicht zu wahren und unsere Lebensqualität zu verbessern.
Referenzen
Coles, N. A., Gaertner, L., Frohlich, B., Larsen, J. T. & Basnight-Brown, D. M. (2023). Fact or artifact? Demand characteristics and participants’ beliefs can moderate, but do not fully account for, the effects of facial feedback on emotional experience. Journal Of Personality And Social Psychology, 124(2), 287–310. https://doi.org/10.1037/pspa0000316
Coles, N. A., Larsen, J. T. & Lench, H. C. (2019). A meta-analysis of the facial feedback literature: Effects of facial feedback on emotional experience are small and variable. Psychological Bulletin, 145(6), 610–651. https://doi.org/10.1037/bul0000194
Elkjær, E., Mikkelsen, M. B., Michalak, J., Mennin, D. S. & O’Toole, M. S. (2020). Expansive and Contractive Postures and Movement: A Systematic Review and Meta-Analysis of the Effect of Motor Displays on Affective and Behavioral Responses. Perspectives On Psychological Science, 17(1), 276–304. https://doi.org/10.1177/1745691620919358
Körner, R., Röseler, L., Schütz, A. & Bushman, B. J. (2022). Dominance and prestige: Meta-analytic review of experimentally induced body position effects on behavioral, self-report, and physiological dependent variables. Psychological Bulletin, 148(1–2), 67–85. https://doi.org/10.1037/bul0000356
Mit Embodiment fühlen statt denken. (2023, 6. September). Kronendach. https://www.kronendach.com/mindfulness/psychologie/embodiment/