10'000 Schritte - Mythos oder Must-Have für ein gesundes Leben?

Der Mythos der 10'000 Schritte

Das Streben nach 10.000 Schritten am Tag ist längst zum Mantra für Fitnessbegeisterte geworden, doch wie viel Wahrheit steckt wirklich hinter diesem Ziel? Ursprünglich im Jahr 1964 von einer japanischen Firma als cleverer Marketing-Gag eingeführt, hat sich diese Zahl weltweit in Fitness-Apps und auf Armbändern etabliert. Aber ist diese Vorgabe wirklich der Schlüssel zu einem gesunden Leben, oder reicht vielleicht schon weniger aus?

Bewegung: Der Schlüssel zu einem gesunden Leben?

Eines ist unbestritten: Bewegung tut uns gut. Regelmäßige körperliche Aktivität, sei es in Form eines entspannten Spaziergangs oder einer intensiven Joggingrunde, fördert die Herzgesundheit, reduziert das Risiko von chronischen Erkrankungen wie Diabetes und verbessert das allgemeine Wohlbefinden. Doch müssen wir wirklich 10’000 Schritte machen, um von diesen gesundheitlichen Vorteilen zu profitieren? Der Ursprung dieses Schrittziels hält einige Überraschungen bereit.

Vom Marketing-Gag zum Gesundheitsstandard

Die Geschichte der 10’000 Schritte beginnt nicht etwa in einem Forschungslabor, sondern 1964 in den kreativen Köpfen einer japanischen Firma namens Yamasa. Sie brachten den ersten kommerziellen Schrittzähler namens "Manpo-kei" auf den Markt – was übersetzt so viel wie „10’000-Schritte-Zähler“ bedeutet. Diese Zahl klang gesund und einprägsam, obwohl sie niemals wissenschaftlich belegt wurde. Dennoch verbreitete sich diese Empfehlung wie ein Lauffeuer, und sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) übernahm sie in ihre Richtlinien. Mit der Verbreitung von Fitness-Trackern und Smartwatches hat sich die Idee der 10.000 Schritte als tägliches Bewegungsziel weltweit etabliert.

Die Debatte um die ideale Schrittzahl

Inzwischen haben zahlreiche Studien versucht, die optimale Anzahl an Schritten zu finden, um die Gesundheitsvorteile zu maximieren. Eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass Studienteilnehmerinnen ein geringeres Sterberisiko hatten, je mehr Schritte sie machten – bis zu einer Grenze von etwa 7500 Schritten pro Tag. Andere Forschungen schlagen vor, dass bereits 6’000 bis 8’000 Schritte ausreichen können, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich zu senken. Laut einer Meta-Analyse von 2019, die 15 Studien mit mehr als 50’000 Menschen aus vier Kontinenten verglich, liegt die optimale tägliche Schrittzahl bei 7’000 bis 8’000, um die Chance auf ein gesundes Leben zu erhöhen.

Eine neuere Studie aus dem Jahr 2023 fand heraus, dass sogar 4’000 Schritte pro Tag das Risiko eines frühen Todes bei Frauen erheblich verringern können. Jede zusätzlichen 1’000 Schritte führten zu einer Verringerung des Risikos, vorzeitig an einer beliebigen Ursache zu sterben, um 15 %. Diese Vorteile steigern sich bis zu 7500 Schritten, aber darüber hinaus bringt die zusätzliche Bewegung keinen statistischen Vorteil für die Lebenserwartung.

«Gehen ist des Menschen beste Medizin.»
- Hippokrates -

Bewegungsmangel: Ein globales Problem

Trotz der unterschiedlichen Empfehlungen bleibt eines klar: Wir bewegen uns insgesamt zu wenig. Durchschnittlich machen Menschen weltweit weniger als 5.000 Schritte am Tag, weit entfernt also von den empfohlenen 10.000. Angesichts dieses Bewegungsmangels kann die Vorgabe von 10.000 Schritten dennoch als nützlicher Motivationsfaktor dienen. Denn mehr Schritte führen auch zu einer erhöhten Kalorienverbrennung, was besonders für diejenigen von Vorteil ist, die Gewicht verlieren möchten.

Jeder Schritt zählt: Tipps zum Einstieg

Wer sich vorgenommen hat, aktiver zu werden, sollte sich nicht sofort auf die 10.000 Schritte fixieren. Stattdessen empfiehlt es sich, mit kleinen Zielen zu beginnen und diese nach und nach zu steigern. Ein langsamer Einstieg mit kurzen Spaziergängen ist besser als gar keine Bewegung. Schrittzähler oder Smartwatches können hierbei als motivierende Begleiter fungieren, die Fortschritte sichtbar machen und helfen, das eigene Aktivitätsniveau im Blick zu behalten. Egal ob schnelle Schritte oder gemütliches Schlendern – jede Art von Bewegung zählt.

Hier sind einige praktische Tipps, um mehr Bewegung in den Alltag zu bringen und die eigene Schrittzahl zu erhöhen:

  1. Aktiver Arbeitsweg: Hast du die Möglichkeit, einen Teil deines Arbeitswegs zu Fuss zurückzulegen? Eine beliebte Idee ist es, eine Bus-Station früher auszusteigen oder das Auto weiter weg zu parkieren.
  2. Aktivere Optionen wählen: Verzichte auf den Aufzug und nimm die Treppe, wann immer es möglich ist. Auch könntest du den nächsten Kaffeeplausch «to go» abhalten und mit einem Spaziergang zu verbinden.
  3. Bewegte Pausen einbauen: Stelle dir einen Timer und verlasse bewusst deinen Arbeitsplatz, um einige Schritte zu gehen.
  4. Gemeinsam geht’s besser: Motiviere Familienmitglieder oder Arbeitskolleg/-innen zu einem gemeinsamen Spaziergang nach dem Mittagessen oder nach Feierabend.
  5. Realistische Ziele setzen: Setz dir erreichbare Ziele und steigere diese langsam. Wichtig ist, am Ball zu bleiben.
  6. Schöne Momente schaffen: Verbinde Bewegung mit positiven Erlebnissen, indem du dir zum Beispiel ein interessantes Hörbuch herunterlädst, das du nur während deiner Spaziergänge hörst.
  7. Gewohnheiten etablieren: Wird ein kurzer Spaziergang nach dem Abendessen einmal zur Routine, gelingen die Schritte fast automatisch! Indem du den Spaziergang jeden Tag zur gleichen Zeit machst, wird er nach einer Weile zur Routine und du machst deine Schritte fast automatisch.

Fitness-Tracker: Hilfsmittel oder Druckmacher?

Fitness-Tracker und Apps sind beliebte Werkzeuge, um die tägliche Bewegung zu überwachen und die eigene Motivation zu steigern. Sie bieten wertvolle Einblicke in das eigene Bewegungsverhalten und können dabei helfen, Ziele zu setzen und zu erreichen. Allerdings sind sie nicht immer vollständig genau, besonders wenn sie am Handgelenk getragen werden. Bewegungen wie Klatschen können fälschlicherweise als Schritte gezählt werden. Trotzdem bieten Tracker zahlreiche Vorteile: Sie motivieren durch das Aufzeichnen von Fortschritten, machen uns auf tägliche Gewohnheiten aufmerksam und fördern durch soziale Funktionen den Austausch mit Gleichgesinnten.

Es ist jedoch wichtig, sich nicht zu sehr auf die Zahlen zu fixieren und den Spaß an der Bewegung nicht zu verlieren. Der Druck, bestimmte Schrittziele zu erreichen, kann zu Stress führen oder sogar ungesunde Verhaltensweisen fördern. Achte darauf, dass du deinen Fitness-Tracker als Unterstützung siehst, aber dein eigenes Körpergefühl und Wohlbefinden stets im Vordergrund steht.

Fazit

Letztendlich ist nicht die exakte Anzahl der Schritte entscheidend, sondern die regelmäßige Bewegung. Egal, ob du 6.000 oder 10.000 Schritte machst – wichtig ist, dass du dich in einem für dich angenehmen Tempo und Umfang bewegst. Denn jeder Schritt, den du machst, trägt zu einem aktiven und gesunden Lebensstil bei. Setze dir erreichbare Ziele, genieße die Momente der Bewegung und feiere jeden Fortschritt auf dem Weg zu einem aktiveren und gesünderen Leben.

 

Referenzen

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  • Positives aus der Wissenschaft – Warum Sie die 10’000-Schritte-Regel (fast) vergessen können. (2022, 19. April). Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). https://www.srf.ch/wissen/gesundheit/positives-aus-der-wissenschaft-warum-sie-die-10-000-schritte-regel-fast-vergessen-koennen
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