Multitasking? Kann ich mit links!

Multitasking

E-Mails lesen, Nachrichten hören und gleichzeitig die To-Do Liste für den anstehenden Arbeitstag erstellen. Klingt super effizient – doch ist das überhaupt möglich? Was denkst du? Beherrschst du Multitasking?
Tatsächlich sollen laut Schätzungen nur 2 Prozent aller Menschen Multitasking richtig ausführen können wobei die meisten glauben, zu diesen 2 Prozent zu gehören. Was Multitasking ist und inwiefern es uns bei der Arbeit beeinflusst, erklären wir dir gerne anhand dieses Blogeintrags. Viel Spass beim Lesen!

Was ist Multitasking?

Wusstest du, dass der Begriff ursprünglich aus der Informatik stammt? Beim Multitasking handelt es sich um eine scheinbar zeitgleiche Ausführung von mehreren Aufgaben oder Tätigkeiten. Wieso scheinbar? Meistens laufen diese Aufgaben nicht wirklich zur gleichen Zeit ab. Es handelt sich vielmehr um einen sehr schnellen Wechsel zwischen den verschiedenen Aufgaben. Im Verlauf der Zeit hat sich der Begriff auf uns Menschen übertragen. Auch bei uns laufen die häufigsten Handlungen nicht gleichzeitig ab, obwohl wir das manchmal so wahrnehmen. In Wahrheit wechselt unser Gehirn einfach extrem schnell hin und her. In der Arbeitswelt gilt Multitasking als löbliche Eigenschaft. Ist jemand in der Lage, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen, gilt sie oder er häufig als besonders leistungsstark und effizient. Liest man Studien zum Multitasking, wird diese Ansicht nicht unterstützt. Bevor wir auf den Effekt von Multitasking eingehen, möchten wir gleich hier schon mit einem Mythos aufräumen: In der Forschung gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Frauen im Multitasking besser sind als Männer!

Welchen Effekt hat Multitasking auf unsere Gesundheit und unsere Arbeitsweise?

Es gibt mehrere Studien, die darauf hinweisen, dass das Anwenden von Multitasking unser Stresslevel erhöht. Wahrscheinlich hast du auch schon von den negativen Wirkungen von Stress auf unseren Körper und unsere Psyche gehört. Wenn du zu oft versuchst, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, kann sich dein Stressempfinden erhöhen und dein Wohlergehen beeinträchtigt werden. Stress hängt mit Symptomen wie Kopfschmerzen zusammen, kann aber auch zu Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen, Angstzuständen oder Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 und Depressionen beitragen. In der heutigen Zeit ist es besonders wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Stress und Erholung im Alltag zu finden (mehr zu diesem Thema kannst du im Blogbeitrag «Erholung & Entspannung» oder in unserer News-Rubrik «Stressmanagement» nachlesen). Im Hinblick auf unsere Gesundheit ist Multitasking kein förderlicher Faktor. Wie sieht’s in der Arbeitswelt aus?
Mehrere Forschungsarbeiten untersuchten (unter anderem) den Zusammenhang zwischen Multitasking und Arbeitsleistung, Gedächtnis, Bearbeitungszeit und Konzentration. Die Befunde zeigen, dass sowohl die Leistung als auch die Konzentration unter Multitasking leidet. Zudem erhöht sich die absolute Bearbeitungszeit der Aufgaben. Das bedeutet, dass du insgesamt langsamer bist, wenn du versuchts mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Dies liegt daran, dass der Wechsel zwischen den Aufgaben Zeit in Anspruch nimmt. Einzeln betrachtet, handelt es sich beim Wechsel nur um ein paar Zehntelsekunden. Aufsummiert kann dir Multitasking bis zu 40 Prozent deiner produktiven Zeit kosten. Ebenfalls gibt es Hinweise, dass Personen, die viel Multitasking betreiben, irrelevante Informationen aus der Umwelt weniger gut ignorieren können. Sie lassen sich schneller/einfacher ablenken, was sich wiederum negativ auf die Arbeitsleistung auswirkt. Eine weitere Studie mit Jugendlichen, die sich oft gleichzeitig mit mehreren technischen Geräten wie einem Tablet, Handy und Fernseher beschäftigen, fand heraus, dass die Jugendlichen grössere Schwierigkeiten hatten sich Dinge zu merken. Es wird angenommen, dass sich diese Effekte auch bei Erwachsenen zeigen und dass dies ein Hinweis darauf ist, dass Multitasking unser Gedächtnis schwächen kann. Wie du siehst, entpuppt sich Multitasking auch in der Arbeitswelt als negativer Faktor. In manchen Branchen kann es durchaus auch gefährlich werden, wenn aufgrund von Multitasking die Konzentration abnimmt und häufiger Fehler passieren. Beim Autofahren gleichzeitig noch etwas anderes zu tun, ist ebenfalls ein heikles Unterfangen.

Hast du schon mal dein Smartphone während des Autofahrens verwendet? SMS geschrieben? Telefoniert? Eine App benutzt? Solche Formen von Multitasking sollten unbedingt vermieden werden. Viele Personen haben das Gefühl, dass sie beides ohne Probleme gleichzeitig tun können. Jedoch ist dies ein Trugschluss. Das Bundesamt für Statistik hat im Jahr 2015 Motorfahrzeuglenkende befragt wie schlimm sie die Nutzung von Handys am Steuer einschätzen und wie oft sie es selbst getan haben. 76% der Teilnehmenden beurteilten das Schreiben von SMS als sehr schlimm und 18% als schlimm. Das Lesen von SMS wurde etwas weniger schlimm eingestuft (57% sehr schlimm resp. 32% schlimm). Interessanterweise gaben 41% der gleichen Befragten an, ihr Handy im letzten Jahr während des Fahrens benutzt zu haben. Auch wenn wir meinen, dass unsere Fahrfähigkeit nicht unter dem Gebrauch des Handys leidet, ist unser Gehirn nicht fähig, solche Tätigkeiten gleichzeitig mit gleich hoher Aufmerksamkeit auszuführen.

Wann ist Multitasking möglich?

Aufgrund der bisherigen Ausführungen kann man schlussfolgern, dass Multitasking nur sehr selten möglich ist. Meist ist mindestens einer der Handlungsprozesse eingeschränkt, wenn mehrere gleichzeitig ablaufen sollen. In wenigen Situationen ist es jedoch möglich, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Dies hängt von der Aufgabenart / Tätigkeit ab. Du kannst zum Beispiel Duschen und gleichzeitig Singen. Oder die Wäsche Bügeln und im Fernseher die Abendnachrichten verfolgen. Dies ist möglich, weil einer der beiden Prozesse eher am Rande abläuft und unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich nur die zweite Aufgabe gelegt werden muss. Wenn du oft bügelst, rückt diese Tätigkeit beim Fernsehen in den Hintergrund – du führst die Handlung routinemässig durch. Ob du gewisse Dinge zur gleichen Zeit erledigen kannst, hängt also auch von der Übung ab. Bist du dir das Bügeln nicht gewohnt, musst du dich stärker darauf konzentrieren und von den Nachrichten wirst du nicht viel mitbekommen. Schwierig – besser gesagt unmöglich – wird es, sobald die Handlungen, die du gleichzeitig ausführen möchtest, komplexer werden. Beispielsweise wenn du eine Anfrage per E-Mail beantwortest und gleichzeitig am Telefon nach der Uhrzeit gefragt wirst. Dann merkst du, dass deine Aufmerksamkeit zu einer bestimmten Zeit nur bei einer Aufgabe liegen kann. Sobald du die Aufmerksamkeit auf die E-Mail lenkst, hörst du deiner Gesprächspartnerin / deinem Gesprächspartner nicht mehr wirklich zu. Dein Gehirn beginnt, zwischen den Aufgaben hin und her zu wechseln.
Je mehr Aufgaben du gleichzeitig bearbeiten möchtest, desto länger braucht dein Gehirn, um hin und her zu wechseln. Wenn du eine Aufgabe nach der anderen angehst, wirst du im Endeffekt schneller und effizienter sein. Multitasking ist also nur zu empfehlen, wenn die Aufgaben einfach sind und du sie praktisch automatisch ohne bewusste Aufmerksamkeit ausführen kannst.


«Most of the time multitasking is an illusion. You think you are multitasking, but in reality you're actually wasting time switching from one task to another.»
- Bosco Tjan -


Tipps

Nachfolgend haben wir dir ein paar Tipps zusammengestellt, wie du hinderliches Multitasking im Arbeitsalltag aber auch im Privatleben vermeiden kannst.

  • Bewusst werden: Werde dir bewusst, in welchen Situationen du versuchst Multitasking zu betreiben. In welchen Situationen ist es hinderlich? Sobald du die entsprechenden Situationen identifiziert hast, kannst du Multitasking aktiv meiden.
  • Komplexität der Aufgabe: Bestimme jeweils den Schwierigkeitsgrad einer bevorstehenden Aufgabe. Welche deiner regelmässigen Aufgaben weisen eine hohe Komplexität auf? Plane für diese genügend Zeit ein und suche dir einen Ort, an dem du ungestört daran arbeiten kannst.
  • Not-To-Do Liste: Ja, du hast richtig gelesen. Eine NOT-To-Do Liste. Es gibt Personen, denen es hilft aufzuschreiben, was sie während dem Arbeiten unbedingt unterlassen sollen. Auf so einer Liste könnte beispielsweise stehen: «Zu lange Sitzen», «Immer wieder aufs Smartphone schauen», «Private E-Mails lesen» usw. Was steht auf deiner Not-To-Do Liste?
  • To-Do Liste: To-Do Listen können dir helfen, fokussiert Aufgaben zu erledigen. Dabei ist es wichtig, dass du nicht unrealistisch viele Aufgaben für einen Tag auflistest und dass die Liste nicht nur einfache und unwichtige Arbeiten beinhaltet. Wie du eine gute Liste erstellen kannst, kannst du in unserem Blogeintrag «Balance» nachlesen.
  • Störfaktoren: Reduziere jegliche Faktoren, die dich bei der Arbeit / beim Erledigen von Aufgaben stören. Schliesse beispielsweise deine Bürotüre, leg dein Handy beiseite und stell es auf «stumm». Wenn du viele E-Mails erhältst, schau, dass du keinen Signalton eingestellt hast. So kannst du sicherstellen, dass deine Konzentration nicht bei jeder Benachrichtigung verloren geht.

 

 

Referenzen
AOK. (2021, 03. Dezember). Multitasking: Ist das effektiv oder nur ein Mythos? Das AOK-Gesundheitsmagazin. https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/gehirn-nerven/multitasking-ist-das-effektiv-oder-nur-ein-mythos/
American Psychological Association. (2006, 20. März). Multitasking: Switching costs. https://www.apa.org/topics/research/multitasking
Bundesamt für Statistik (BFS). (2015). Befragung der Motorfahrzeuglenkenden 2015. https://dam-api.bfs.admin.ch/hub/api/dam/assets/821385/master
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Madore, K. P., Khazenzon, A. M., Backes, C. W., Jiang, J., Uncapher, M. R., Norcia, A. M., & Wagner, A. D. (2020). Memory failure predicted by attention lapsing and media multitasking. Nature, 587(7832), 87-91. https://doi.org/10.1038/s41586-020-2870-z
Rigotti, T. (2019). Multitasking. Dorsch Lexikon der Psychologie. Hogrefe. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/multitasking
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