Federkohl
Vom Käse-Fondue in der Adventszeit über die Weihnachtsgans an Heiligabend bis zum Fondue Chinoise an Silvester – eins haben die Festtage und die Zeit davor gemeinsam. Es wird geschlemmt, was das Zeug hält. Mittendrin das schlechte Gewissen, das immer wieder aufkommt, wenn die Hand erneut in der Dose mit den Weihnachtskeksen verschwindet.
Anfang Jahr steigt der Wunsch nach gesunden, ausgewogenen Lebensmitteln. Möglichst keine üppigen Speisen – leicht soll es sein und auf keinen Fall schwer im Magen liegen.
Kommt dir das bekannt vor? Suchst du nach gesunden und ausgewogenen Nahrungsmitteln und interessierst dich deshalb für den Federkohl? Oder bist du grundsätzlich an regionalem, saisonalem Gemüse und am Thema Ernährung interessiert? Egal zu welcher Gruppe du zählst – schön, dass du da bist! Wir erzählen dir Spannendes rund um den Federkohl und ob er wirklich so gesund ist, wie viele behaupten.
Was Hollywood und die Stiftung ProSpecieRara gemeinsam haben
Den sabellinischen Kohl, einen Vorläufer des heutigen Federkohls, verzehrte man bereits im antiken Rom. Dieser war damals angeblich so beliebt, dass der Anbau als Garant für Reichtum galt. Heute befinden sich die grössten Anbaugebiete des modernen Federkohls in Nord- und Westeuropa. In der Schweiz fing der Anbau von Federkohl im 19. Jahrhundert an und wurde bis in die Zwischenkriegszeit in der Region Basel und der Westschweiz in grösserem Stil betrieben. In der oft harten Winterzeit war der Federkohl ein willkommener Vitaminlieferant. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet die besondere Kohlsorte vorübergehend in Vergessenheit und wäre beinahe ganz ausgestorben, gäbe es da nicht die Stiftung ProSpecieRara und Hollywood!
Ja, du hast richtig gelesen. Beide hatten ihre Finger im Spiel! Die Schweizer Stiftung ProSpecieRara, die sich unter anderem um gefährdete Kulturpflanzen kümmert, half dem Federkohl wieder auf die Beine. Sie sorgte dafür, dass er wiederentdeckt und angebaut wurde.
Auch Hollywood half beim Comeback des Federkohls mit. Ob Zufall oder Schicksal – plötzlich entdeckten Celebrities wie Jennifer Aniston und Beyoncé den grünen Krauskopf neu. Sie starteten damit, «Kale», so heisst er in den USA, in ihre Smoothies und Trendsalate zu mixen. Denn die Fans in Hollywood schwören auf seinen hohen Gehalt an Nähr-, Mineral- und Ballaststoffen. Und so war Grün plötzlich die Farbe der Stunde!
Stimmt das? Strotzt Federkohl tatsächlich nur so vor Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen?
Federkohl nicht nur hip, sondern auch gesund
Federkohl (Brassica oleracea var. sabellica) zählt zur Gruppe der Kreuzblütler (Brassicaceae). Diese enthalten chemische Pflanzenstoffe namens Glucosinolate. Das sind schwefelhaltige Verbindungen, die nach dem Kauen, Hacken oder Kochen in Isothiocyanate und Indol-3-Carbinol aufgespalten werden. Die Glucosinolate fungieren in der Natur als erste Verteidigungslinie der Pflanzen und schützen sie vor umweltbedingten und biologischen Stressoren wie Insekten, Pilzen oder Trockenheit. In der Forschung werden dieselben Substanzen auf ihre mögliche Wirkung bei chronischen Erkrankungen wie Herzkrankheiten und bestimmten Krebsarten untersucht. Laborstudien haben bisher gezeigt, dass Isothiocyanate und Indol-3-Carbinol Entzündungsprozesse hemmen, das Wachstum und die Verbreitung von Tumorzellen verhindern und gesunde Zellen schützen können. Diese Ergebnisse sind mit Vorsicht zu geniessen, denn Beobachtungsstudien, in denen verschiedene Gruppen von Menschen über einen längeren Zeitraum beobachtet wurden, haben nur manchmal eine schützende Wirkung von Kreuzblütlern − wie dem Federkohl − auf verschiedene Krebsarten und das Herzkreislaufsystem aufgezeigt. Zudem waren die Ergebnisse der verschiedenen Studien nicht einheitlich. Für die Diskrepanz in den Resultaten gibt es gemäss den Forschenden mehrere mögliche Gründe. Beispielsweise können unterschiedliche Studiendesigns und -methoden sowie die Art und Weise, wie das Gemüse zubereitet wurde, die Bioverfügbarkeit von Isothiocyanaten und ihre Auswirkungen auf den Körper beeinflussen und verändern. Auch Gene könnten eine Rolle spielen, da manche Menschen Isothiocyanate besser verstoffwechseln als andere. Weiter sei es auch möglich, dass die von den Studienteilnehmenden verzehrten Mengen keinen wesentlichen Einfluss auf das Krankheitsrisiko hätten. Folglich sind für den Nachweis eines Effekts von Federkohl auf den menschlichen Körper weitere Untersuchungen mit grösseren und längerfristigen Studien erforderlich.
Trotzdem bleibt der Federkohl, der übrigens auch Grünkohl genannt wird, ein sehr nahrhaftes Lebensmittel das Teil einer ausgewogenen und gesunden Ernährung sein sollte.
«Federkohl hat mehr Eisen (1.6mg/100g) als Fleisch, 2-3-mal mehr Kalzium (254 mg/100g) als Milch, 3-4-mal mehr Folsäure (241/100g) als Eier und doppelt so viel Vitamin C (93.4 mg/100g) als Orangen.»
– Ortega-Hernández et al. –
Darüber hinaus liefert Federkohl reichlich Vitamin K und B6 und weitere positive sekundäre Pflanzenstoffe. Du solltest also ruhig öfter zugreifen, wenn du ihn im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt entdeckst. Beim Kauf unbedingt darauf achten, dass er insgesamt knackig ist, eine satte Farbe und keine trockenen Blattspitzen hat.
Ice, Ice Baby – je kälter desto besser
Saison hat der Federkohl von November bis März. Er ist ein richtig robustes, schnellwüchsiges Wintergemüse und übersteht auch Temperaturen von -15 Grad Celsius. Die Kälte tut ihm sogar gut, denn durch sie wird ein Teil seiner Kohlenhydrate in Zucker umgebaut, was einen angenehm süsslichen Geschmack zum Vorschein bringt. Zudem führt die Kälte dazu, dass die feste Blattstruktur etwas lockerer wird, was das Gemüse beim Verzehr bekömmlicher macht.
Allrounder in der Küche
Weisst du, wie man Federkohl zubereiten kann? Nicht? Damit bist du nicht allein. Ein Grund, weshalb er so selten auf den Tisch kommt, liegt wohl daran, dass viele gar nicht wissen, wie sie ihn kochen können. Ein grosser Vorteil von Federkohl ist, dass er auf unterschiedlichste Art und Weise zubereitet werden kann. Traditionell wird er geschmort und zum Verfeinern von deftigen Gerichten, Suppen oder Eintöpfen verwendet. So wie zu Grossmutters Zeiten eben.
Wie es Hollywood ja bereits gezeigt hat, geht’s auch anders. Aber zuerst befassen wir uns mit der Vorbereitung des Gemüses, diese ist nämlich immer gleich. Das Putzen und Rüsten des Federkohls kann eine ziemlich mühsame Angelegenheit sein. Grund dafür ist der Sand, der oft bis in die Tiefen der Blätter vordringt. Um diesen zu entfernen, muss der Federkohl gründlich unter kaltem Wasser gewaschen werden. Anschliessend muss der Strunk entfernt werden. Beachte: Federkohl fällt beim Kochen stark zusammen. Deshalb lieber etwas mehr rüsten, als zu wenig. Sonst fällt die Portion womöglich plötzlich sehr klein aus.
Um die Nährstoffe bei der Zubereitung möglichst zu erhalten, sollte der Federkohl nur blanchiert und nicht lange gekocht werden. Wenn du grüne Smoothies magst, kannst du, wie die Celebrities in Hollywood, den Federkohl wie Spinat roh mit verschiedenen Früchten und Gemüse pürieren. Besondres schmackhaft, und bei vielen beliebt, sind Chips aus Federkohl. Wie du sie selber herstellen kannst, verraten wir dir in unserem Rezept-Tipp.
Unser Rezept-Tipp
Federkohl-Chips
(Zutaten für 8 Portionen)
- 2 EL Olivenöl
- 200 g Federkohl, gewaschen und gerüstet
- ¼ TL Salz
Zubereitung: Den Federkohl wie oben im Text beschrieben putzen und rüsten. In mundgerechte Stücke schneiden. Anschliessend den Federkohl in einer Schüssel mit Öl und Salz mischen und auf einem mit Backpapier belegten Blech verteilen. Im auf 130° vorgeheizten Ofen (Umluft) ca. 13 Minuten backen.
(Quelle)
Referenzen:
Fooby – Foodlexikon. Federkohl: Das gesunde, wandelbare Wintergemüse mit langer Tradition. Verfügbar unter: https://fooby.ch/de/kochschule/foodlexikon/federkohl.html?startAuto2=0&startAuto3=0&startAuto1=4
Fuentes, F., Paredes-Gonzalez, X. & Kong, AN.T. (2015). Dietary Glucosinolates Sulforaphane, Phenethyl Isothiocyanate, Indole-3-Carbinol/3,3′-Diindolylmethane: Antioxidative Stress/Inflammation, Nrf2, Epigenetics/Epigenomics and In Vivo Cancer Chemopreventive Efficacy. Curr Pharmacol Rep. 1, 179–196.
Havard T.H. Chan, School of Public Health. The Nutrition Source, Food Features, Kale. Verfügbar unter: https://www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/food-features/kale/
Ortega-Hernández, E., Antunes-Ricardo, M. & Jacobo-Velázquez, D. A. (2021). Improving the Health-Benefits of Kales (Brassica oleracea L. var. acephala DC) through the Application of Controlled Abiotic Stresses: A Review. Plants, 10(12), 2619.
Šamec, D., Urlić, B., & Salopek-Sondi, B. (2019). Kale (Brassica oleracea var. acephala) as a superfood: Review of the scientific evidence behind the statement. Critical reviews in food science and nutrition, 59(15), 2411–2422.
Satheesh, N. & Workneh Fanta, S. (2020). Kale: Review on nutritional composition, bio-active compounds, anti-nutritional factors, health beneficial properties and value-added products. Cogent food & agriculture, 6(1).