Die faszinierende Wirkung von Farben – Wie sie unser Essen, unsere Gesundheit und unser Einkaufsverhalten beeinflussen

Einfluss von Farben

Farben sind überall. Wir sehen sie im herbstlichen Farbenspiel der Blätter, beim Blick aus dem Fenster und in den Gesichtern unserer Mitmenschen. Das menschliche Auge kann ca. 200 Farbtöne unterscheiden, dazu kommen ca. 500 Intensitätsstufen pro Farbton und 20 Varianten mit unterschiedlichem Weissanteil. Damit können wir rund 20 Millionen Farben wahrnehmen! 99% aller Farbinformationen, denen wir im Alltag begegnen, verarbeitet unser Gehirn jedoch unbewusst. Oder erinnerst du dich noch an die Augenfarbe des Verkäufers, mit dem du gestern gesprochen hast?

Obwohl wir nur einen Bruchteil der Farben bewusst wahrnehmen, beeinflussen uns Farben in vielen Bereichen unseres Lebens. In diesem Beitrag werden wir untersuchen, wie Farben unsere Wahrnehmung von Lebensmitteln, unsere Gesundheit und unser Einkaufsverhalten beeinflussen.

Das Auge isst mit

Stell dir vor, du sitzt in einem schicken Restaurant und hast einen wunderschön angerichteten Teller vor dir. Schon die Präsentation der Speisen lässt dir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Aber was ist das? Sind diese Spaghetti etwa blau?!

Obwohl Blau eine der beliebtesten Farben in unserer Gesellschaft ist, begegnen wir blauen Lebensmitteln oft mit Skepsis. In der Natur sind blaue Lebensmittel im Vergleich zu anderen Farben selten. Selbst die nach ihrer Farbe benannten Blaubeeren oder Blaukraut sind in der Natur oft eher violett oder gar rötlich. Kräftige Blautöne treten in der Natur vor allem bei giftigen Pilzen oder grün-bläulichem Schimmel auf und sind damit ein Hinweis darauf, dass das betreffende Lebensmittel ungeniessbar oder gar giftig ist. Der weit verbreitete Ekel vor blauen Lebensmitteln hat also evolutionäre Wurzeln.

Wie schmecken Farben?

Farben beeinflussen nicht nur, ob ein Lebensmittel überhaupt probiert wird, sondern auch, wie es schmeckt. Wer kennt es nicht - die roten Gummibärchen sind am schnellsten weg, schliesslich schmecken sie nach Erdbeere! Aber ist das wirklich so? Kannst du mit verbundenen Augen rote von grünen Gummibärchen unterscheiden?

In unseren Breitengraden ist es tatsächlich so, dass rote Lebensmittel gemeinhin als süsser und fruchtiger wahrgenommen werden, während grüne Lebensmittel eher säuerlich schmecken. Das geht sogar so weit, dass selbst erfahrene Weinliebhaber den Geschmack von Rotwein erkennen, wenn ein Weisswein zuvor rot eingefärbt wurde. Aber Vorsicht, der Geschmack von Farbe ist auch kulturell bedingt. In Amerika zum Beispiel wird Rot eher mit Zimt assoziiert.

Den Geschmackssinn hinters Licht führen

In einem Experiment mit 150 Teilnehmenden konnte gezeigt werden, dass sogar die Farbe des Umgebungslichts den Geschmack von Wein beeinflussen kann. Unter blauem Licht wurde der Wein als signifikant geschmackvoller empfunden als unter grünem oder weissem Umgebungslicht. Ausserdem wurde der Wein unter rotem Licht fruchtiger wahrgenommen als unter blauem Licht. Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie zum Einfluss der Becherfarbe auf den Geschmack von Kakao, bei der das Heissgetränk in einem orangefarbenen Becher geschmacklich bevorzugt wurde.

Farbenfrohe Nährstoffe

Wenn wir den Supermarkt unseres Vertrauens betreten, werden unsere Sinne mit einer Vielzahl von Reizen bombardiert. Schon beim Betreten des Ladens umgibt uns der einladende Duft von frischem Brot, und gleich daneben präsentiert sich die bunte Auswahl der Obst- und Gemüseabteilung. Gelbe Bananen leuchten mit saftigen roten Äpfeln um die Wette, und hast du diese verlockenden violetten Feigen gesehen? Selbst beim Einkaufen lassen wir uns von Farben leiten. In der Frischwarenabteilung sind kräftige Farben ein guter Indikator dafür, welche Produkte den Höhepunkt ihrer Reife erreicht haben und damit reich an Nährstoffen und Vitaminen sind. Auch die Farbe des Produktes selbst gibt wichtige Hinweise auf die darin enthaltenen Nährstoffe. Grüne Lebensmittel wie Spinat, Brokkoli und Grünkohl verdanken ihre Farbe dem hohen Gehalt an Chlorophyll, auch Blattgrün genannt. Chlorophyll gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen, die den menschlichen Stoffwechsel positiv beeinflussen. Auch Carotinoide, welche zum Beispiel Karotten, Paprika und Süsskartoffeln ihre unverwechselbare orange Farbe verleihen, zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen. Gelbe Lebensmittel wie Zitronen enthalten ebenfalls Carotinoide, die den Körper vor Krebserkrankungen und Gefässveränderungen schützen sollen. Als Vorstufe von Vitamin A sind Carotinoide ausserdem wichtig für die Gesundheit von Haut und Augen. Rote Lebensmittel wie Tomaten oder Erdbeeren verdanken ihre Farbe dem Farbstoff Leukopin und enthalten zudem meist grosse Mengen an Vitamin C, Folsäure und Flavonoiden, die das Immunsystem stärken und Entzündungen vorbeugen. Eine bunte Mischung auf dem Teller spiegelt also eine nährstoffreiche und gesunde Mahlzeit wider, die uns mit vielen wichtigen Mikronährstoffen versorgt.

Von der roten Brille getäuscht

Dass wir intuitiv zu den nährstoffreichsten Obst- und Gemüsesorten greifen, verdanken wir unserer evolutionären Entwicklung. Auch beim Fleischkauf verlassen wir uns auf unser angeborenes Wissen. Schon der Neandertaler wusste, dass frisches rohes Fleisch rot sein muss. Graues oder gar grünes Fleisch lässt unseren inneren Lebensmittelinspektor Alarm schlagen. Um im Supermarkt möglichst appetitlich auszusehen, wird das Steak in der Fleischtheke oft mit rotem Licht beleuchtet oder gar mit zugesetzten Farbstoffen rot eingefärbt.

Je weiter wir in den Supermarkt vordringen, desto weniger sehen wir die Produkte in ihrem natürlichen Zustand und desto mehr werden wir von ihren Verpackungen beeinflusst. Dabei fällt auf, dass viele Verpackungen die Farbe Rot bevorzugen. Rote und gelbe Farben regen unseren Appetit an und fördern gleichzeitig das schnelle Essen. Kein Wunder also, dass viele Fast-Food-Ketten wie McDonalds oder Burger King sich das zunutze machen und diese Farben in ihr Logo integriert haben. Auch andere Farben kommunizieren unterschwellig mit den Konsumentinnen und Konsumenten. So werden grüne Verpackungen oft als natürlicher und umweltfreundlicher wahrgenommen, während schwarze Nespresso-Verpackungen Eleganz und Luxus vermitteln.

Der Einfluss von Farben auf unsere Sinne und Entscheidungen ist faszinierend und komplex. Obwohl wir uns oft nicht bewusst sind, wie Farben unser Verhalten beeinflussen, spielen sie in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle. Von der Wahl unserer Lebensmittel bis zu unseren Einkaufsgewohnheiten - Farben sind mehr als nur ästhetische Elemente. Sie sind ein lebendiger Teil unseres Erlebens und prägen unsere Welt auf subtile, aber kraftvolle Weise. Indem wir uns dieser Einflüsse bewusstwerden, können wir vielleicht auch bewusstere Entscheidungen treffen und unser Leben in Farbe geniessen.

 

Referenzen:
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Seana. (o. D.). Es wird bunt: Essen nach den Farben des Regenbogens. https://www.freeletics.com/de/blog/posts/farbe-auf-dem-teller/
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