Achtsamkeit am Arbeitsplatz: Wieso dies wichtig ist!

Achtsames arbeiten

Die Covid-19 Pandemie veränderte unsere Lebens- und Arbeitsweise merklich. Im Frühjahr 2020 hiess es vom Bundesamt für Gesundheit (BAG): «Bleiben Sie zuhause!». Als Folge schickten viele Unternehmen ihre Angestellten zum Arbeiten in die eigenen vier Wände, wo eine Vielzahl neuer Herausforderungen auf sie wartete.

Warst auch du mittendrin statt nur dabei? Bist von einem Tag auf den anderen mit deinem Geschäftslaptop am Wohnzimmertisch gesessen, hast dich zwischen den online Meetings um die Kinder gekümmert, in den Pausen den Haushalt geschmissen und warst nach Feierabend für Personen aus der Risikogruppe einkaufen? Erinnerst du dich an diese verrückte Zeit? Wie ging es dir dabei? Ist dir die Umstellung leichtgefallen? Oder warst du nie von der Homeoffice-Empfehlung oder -Pflicht betroffen und konntest deiner Arbeit wie gewohnt nachgehen? Unabhängig davon zeigen diverse Studien, dass Achtsamkeit am Arbeitsplatz sich positiv auf das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden auswirkt.

Insbesondere in der aktuellen Zeit, wo viele von uns aufgrund der Aufhebung der Homeoffice-Pflicht vom Bund wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, lohnt es sich, mehr über das Thema Achtsamkeit am Arbeitsplatz zu erfahren. Denn die Rückkehr ins Büro, nach über einem Jahr Homeoffice, ist ebenso mit Herausforderungen verbunden, wie der Wechsel vom Arbeitsplatz ins heimische Wohnzimmer. Und wer beim Begriff «Achtsamkeit» nun an einen Yogi mit Matcha- oder Grüntee denkt, dem empfehlen wir erst recht weiterzulesen, denn «Achtsamkeit» ist vielmehr als nur «Feel good».

Achtsamkeit

Achtsamkeit wird in der Literatur beschrieben als das Gewahrsein und die Fähigkeit die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was im gegenwärtigen Moment geschieht (z.B. Gedanken, Körperempfindungen, Umgebung) ohne zu urteilen. Anders ausgedrückt: Achtsamkeit erlaubt es einem zu beobachten, was im gegenwärtigen Augenblick geschieht – sowohl bei sich selbst, als auch in der direkten Umgebung – ohne dem, was man wahrnimmt, irgendeine Interpretation beizufügen. In einem achtsamen Zustand beobachtet man also einfach, was im Hier und Jetzt geschieht, ohne irgendeine Art von wertendem Urteil darüber zu fällen. Als Ergebnis führt die Achtsamkeit zu einer erhöhten Fähigkeit der Objektivität in Bezug auf die inneren und äusseren Erfahrungen. Denn Achtsamkeit erlaubt es einem, sich von seinen Emotionen und Gedanken zu trennen und sie stattdessen einfach zu beobachten. Das hat zur Folge, dass man viele Dinge als weniger belastend empfindet und sich dadurch auch weniger gestresst fühlt.

Wie oft hast du dich und deine Umgebung heute einfach wahrgenommen ohne deine Wahrnehmungen zu interpretieren und zu beurteilen? Wie oft bist du stattdessen mit deinen Gedanken von einem Thema zum nächsten gesprungen, ohne im Hier und Jetzt präsent zu sein? Warst du in einem Meeting und hast dich dabei in Gedanken bereits auf das nächste vorbereitet? Oder auf einem imaginären Post-it vor deinem inneren Auge die Einkaufsliste für heute Abend geschrieben? All dies ist völlig normal, denn unsere Aufmerksamkeit wird in der heutigen Zeit in besonderem Masse vereinnahmt und achtsam sein, muss gelernt sein.


«Wir alle rennen und kommen nicht an. Wir rennen durch den Tag. Rennen im Job. Rennen an die Wand.»
- Max Herre -


Durch Arbeitsverdichtung und den täglichen «Overload» an Informationen über diverse Kommunikationskanäle und Medien glauben viele Menschen heutzutage reflexartig, Aufgaben parallel managen zu müssen. Als Folge davon fühlen sie sich gehetzt, nicht selten im «Hamsterrad» gefangen und überarbeitet. Den meisten hilft in einer solchen Situation nur noch Multitasking. Doch was wir als Multitasking bezeichnen, ist für unser Gehirn eine ständige Unterbrechung – ein Hin- und Herspringen zwischen Themen und Aufgaben. Anders als es sich viele wünschen, ist dies äusserst ineffizient und sorgt dafür, dass unser Körper Stresshormone ausschüttet, die uns ermüden und zu Konzentrationsmangel führen. In der Folge fühlt man sich am Ende des Tages erschöpft, ist oft nicht mehr bei der Sache und fragt sich, wo der Tag geblieben ist und was man eigentlich die ganze Zeit gemacht hat.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass nach nur einer halben Stunde Multitasking mit verschiedenen Medien wie Internet, Videokonferenz oder E-Mails, die Fähigkeit sich zu konzentrieren oder Informationen zu filtern, substanziell sinkt. Dadurch leidet langfristig nicht nur unser Leistungsvermögen, sondern auch unsere Gesundheit. Wir können unsere Selbstorganisationsfähigkeiten verbessern, um gesundheitsförderlicher mit digitalen Medien umzugehen: Wir können lernen den Pausenknopf zu drücken, wenn wir ihn benötigen und so unsere Konzentrationsfähigkeit stärken.

Entschleunigung der Arbeitswelt mittels Achtsamkeit

Obschon Achtsamkeit durch eine Vielzahl von Achtsamkeitstechniken (z.B. Atemtechniken, Meditation) geübt werden kann, muss man keine bestimmte Technik anwenden, um Achtsamkeit in seinem Alltag zu kultivieren. Man kann seinen täglichen Aktivitäten nachgehen und trotzdem achtsam sein, solange man bewusst seine Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment lenkt, ohne Vorurteile zu haben. Dabei ist der Schlüssel, um achtsam zu sein, während man etwas tut, sich in jedem Augenblick daran zu erinnern aufmerksam und bewusst zu sein, was im Hier und Jetzt geschieht.

Ein Achtsamkeitsmoment entsteht, wenn du etwas nützt, das uns allen zur Verfügung steht: Dein Bewusstsein. Dank diesem kannst du den gegenwärtigen Moment ohne Wertung wahrnehmen, ohne Gedanken an die Vergangenheit oder die Zukunft. Dadurch entstehen Wahlmöglichkeiten, um Herausforderungen gezielt anzugehen und weniger Zeit mit dem «Gedankenkarussell» zu verschwenden.
Besonders bei der Arbeit lohnt es sich, trotz Hektik und Termindruck immer wieder für einen Augenblick innezuhalten und wahrzunehmen, was im Hier und Jetzt ist. Wie dies funktioniert, verraten wir dir gleich!

Impulse für mehr Achtsamkeit bei der Arbeit

#Starte langsam in den Tag
Anstatt als erstes am frühen Morgen deine Mails und Nachrichten zu checken, ins Büro zu hetzen und gleich weiter ans erste Meeting – gehe den Tag in Ruhe an. Lass die Nachrichten und Mails sein, bis du an deinem Arbeitsplatz angelangt bist. Richte dich dort erstmal für deinen Tag ein, stell dir etwas zum Trinken bereit, Lüfte den Raum und nimm ein paar tiefe Atemzüge. Bereite dich nun vor, indem du dir deinen Fokus und deine Prioritäten bewusst machst. So kann auch ein voller Arbeitstag entspannt beginnen und dieser ruhige Start wird dich auch die nächsten Stunden über stärken.

#Autopilot rechtzeitig stoppen
Wir alle geraten mal unter Druck. Vielleicht ist es die Kritik der Vorgesetzten, zusätzliche Aufgaben, neue Deadlines oder ein Ausfall im Team, die deinen Puls in die Höhe treiben. Wie auch sonst im Leben, läuft auch bei der Arbeit eben oft nicht alles nach Plan. Denk daran: Dein Körper ist ein exzellenter Stressdetektor. Wird dir heiss? Dein Atem wird flach? Dein Herz rast? Voilà, klarere Signale gibt’s nicht, um innezuhalten und den Raum zwischen Reiz und Reaktion auszukosten. Werde dir bewusst, was dich gerade in diesem Augenblick wirklich unter Druck setzt und versuche die Welt um dich herum sachlich wahrzunehmen. Oftmals reagieren wir auf der emotionalen Ebene ohne dabei zuerst den Sachverhalt zu prüfen. Und ja, manchmal hat der Tag einfach nicht genügend Stunden, um all die Arbeiten zu erledigen. Und in manchen Situationen trifft einem der Kommentar der Chefin oder des Kollegen persönlich. Unabhängig davon, was bei dir in diesem Moment gerade eine Stressreaktion auslöst, du hast sie in der Hand. Halte inne. Atme. Werde dir bewusst, was im Hier und Jetzt gerade los ist. Und handle dann.

#Achtsam mit anderen kommunizieren
Es gibt Tage da läuft einfach alles wie geschmiert und dann gibt es Zeiten, in denen man im Team aneinander vorbeiredet, Missverständnisse entstehen, man hat unterschiedliche Meinungen oder einen persönlichen Konflikt. In solchen Situationen hilft nur eines: Zuhören und Verständnis aufbringen. Nimm einmal die Perspektive deines Gegenübers ein, bevor du dich in den Strudel der passiv aggressiven Nachrichten oder dem gegenseitigen Unterbrechen begibst. Frag dich, was hinter dem Handeln deines Gegenübers stehen könnte. Welche Ängste, Wünsche oder Sorgen sie oder ihn möglicherweise gerade antreiben. Auch wenn wir unsere Arbeitskolleginnen und -kollegen in der Regel jeden Tag sehen oder täglich mit ihnen virtuell in Kontakt stehen, können wir nie wissen, was im Leben des anderen gerade passiert. Sei dir dessen bewusst und versuche aktiv zuzuhören und achtsam zu kommunizieren.

#Nimm wahr, was ist
Egal, ob riechen, hören, fühlen oder schmecken – Sinneseindrücke helfen dir dabei, den gegenwärtigen Augenblick bewusst zu erleben. Achte dabei immer auf eine einzige Sinneswahrnehmung, die du im Laufe des Tages wechseln kannst. Lausche z.B. den Umweltgeräuschen auf dem Weg zur Arbeit, schmeck bewusst das Aroma des Kaffees in der Pause oder geniesse den intensiven Geruch der Luft nach einem heissen Sommertag am Feierabend.

#Mach regelmässig Pausen
Ein rauchender Kopf ist kaum produktiv. Entspanne dein Gehirn mit regelmässigen Pausen und tanke neue Energie für die bevorstehenden Aufgaben. Mikropausen von wenigen Minuten reichen, um anschliessend wieder fokussiert weiterzuarbeiten. Hier findest du noch weitere Tipps zum Thema «Pause machen».

Für mehr Achtsamkeit im Alltag können auch Atemübungen sehr hilfreich sein. Mehr zu Atemtechniken findest du in unserem Beitrag «Luftholen – Atmen». Weiteres zum Thema sowie Angebote im Kanton Zug findest du auf unserer Webseite unter «Achtsamkeit».


«Achtsamkeit bedeutet, dass ein Mensch nicht wegschaut, nicht wegargumentiert, nicht weg redet, sondern etwas das sein lässt, was es ist.»
- Paul von Tongeren -

 

Referenzen:
Madore, K. P., Khazenzon, A. M., Backes, C. W., Jiang, J., Uncapher, M. R., Norcia, A. M., & Wagner, A. D. (2020). Memory failure predicted by attention lapsing and media multitasking. Nature, 587(7832), 87–91.
Koroll, C. Warum Achtsamkeit in der Arbeitswelt so wichtig ist wie noch nie. Blogbeitrag. Verfügbar unter: https://www.7mind.de/magazin/achtsamkeit-arbeit-job-praevention-tipps-alltag
Toniolo-Barrios, M., & Pitt, L. (2021). Mindfulness and the challenges of working from home in times of crisis. Business horizons, 64(2), 189–197.

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